Die 1374 verabschiedete Wahlordnung für Bürgermeister und Rat der Reichsstadt Reutlingen jährt sich 2024 zum 650. Mal. Aus diesem Anlass hat das Stadtarchiv eine Broschüre mit Abbildungen und Umschriften dieses Reutlinger Jahrhundertdokuments herausgebracht, die bei der Sitzung des Gemeinderats am 24. Oktober den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten übergeben wurde.
Die Bedeutung der im Oktober 1374 von Kaiser Karl IV. bestätigten und wenig später endgültig niedergeschriebenen Wahlordnung liegt darin, dass die damals verbrieften politischen Mitwirkungsrechte von Zünften und Bürgerschaft bis zum Ende der Reichsstadtzeit Bestand hatten, mit der bekannten Ausnahme während der Religionskriege. Damit unterschied sich Reutlingen von vielen anderen Reichsstädten, deren Verfassung im 16. Jahrhundert bleibend geändert worden war. Man könnte es wohl nicht schöner als mit dem Reutlinger Aufklärer und Frühliberalen Johann Jakob Fezer sagen, der lange nach dem Ende der Reichsstadtzeit schrieb: „Diese Verfassung war rein demokratisch, das heißt, echt volksthümlich“.
Das Dokument führt zu den Wurzeln moderner Partizipation am politischen Geschehen auf kommunaler Ebene und veranschaulicht, wie auch unter den Bürgern stets um Ausgleich gerungen werden musste. Die am Ende erlangte Eintracht war Grundlage für das Gedeihen der Stadt, der jährliche Wahlvorgang förderte darüber hinaus für Generationen die Einübung in politische Prozesse, ebenso die Verantwortlichkeit gegenüber dem eigenen Gemeinwesen.
Die Broschüre ist im Stadtarchiv erhältlich. Sie wird in naher Zukunft außerdem auf der Internetseite des Stadtarchivs eingestellt werden.