Bei schönstem Frühlingswetter machten sich 16 Teilnehmer am 27. April auf die von Dr. Wilhelm Borth konzipierte Ausfahrt ins Albvorland des Zollernalbkreises. Ziel waren Museum, Gedenkstätten und authentische Orte des Unternehmens „Wüste“. Hinter der Bezeichnung verbarg sich der Versuch der NS-Kriegswirtschaft, am Ende des Zweiten Weltkrieges Schieferöl zu fördern. Während in der Region die der „Aktion T 4“ gewidmete Gedenkstätte Grafeneck, wo 1940 10.000 kranke und behinderte Menschen ermordet wurden, hinlänglich bekannt ist, weiß man über dieses Rüstungsprojekt der Jahre 1944–1945 weit weniger. An zehn im Albvorland an der Eisenbahnlinie zwischen Tübingen und Rottweil liegenden Werken sollten aus dem Ölschieferabbau des Schwarzen Jura Treibstoff für Flugzeuge und Panzer gewonnen werden, wobei KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene unter unmenschlichen und opferreichen Arbeitsbedingungen die von der „Organisation Todt“ realisierten Werke errichten und betreiben mussten.
Die Gruppe wurde zunächst von Dr. Franziska Blum in dem neu gestalteten Museum in Bisingen empfangen. Die mit modernen Medien arbeitende, sehr anschauliche Ausstellung war ein idealer Einstieg ins Thema und rückte insbesondere die zentrale Rolle von Zeitzeugen, aber auch von deren Nachkommen für die Erinnerungsarbeit und Gedenkkultur ins Zentrum.
Nach dem Besuch der von der französischen Besatzungsmacht zu Ehren der Opfer initiierten Gedenkstätte – gleichzeitig „KZ-Friedhof“ – unweit Bisingens ging es nach Zwischenhalt in Balingen nach Frommern, wo Dr. Michael Walther Abbau und technische Prozesse an den dort erhaltenen Schwelhallen erläuterte. Interessant war hier nicht zuletzt die Nachnutzung der Gebäude sowie die anhaltende Diskussion um den Umgang mit diesem Gewerbeareal als – mittlerweile denkmalgeschütztem – Erinnerungsort.
Den Abschluss bildete eine engagierte und kompetente Führung durch die Gedenkstätte Eckerwald unweit von Schömberg. Immo Opfermann, Aktivist der ersten Stunde, erläuterte bei einem Rundgang zu den erhaltenen baulichen Überresten die einzelnen Produktionsschritte der Ölschieferförderung und machte das unsägliche Leiden der KZ-Insassen anschaulich. Besonders eindrucksvoll waren hier die Skulpturen des Rottweiler Bildhauers Siegfried Haas (1921–2013), der sich intensiv mit den gepeinigten Menschen auseinandersetzte. Die Gruppe trat die Heimfahrt nach einem Tag voller Eindrücke an, die nachdenklich machten und einen wichtigen Bestandteil der Heimatgeschichte ins Bewusstsein gerufen haben.